Historie setzt sich durch, Wrigley Field und Fenway Park werden umgebaut statt abgerissen
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12.2.06

Noch vor wenigen Jahren war der Druck in Chicago und Boston groß, die beiden großen alten Damen des Amerikanischen Baseballs durch Neubauten zu ersetzen.  Die Cubs wollten den Südstädtern der White Sox nicht nachstehen und auch ein neues Stadion beziehen, der Druck hier war mehr intern und wurde weniger öffentlich gemacht als in Neu-England.

In Boston hatte der damalige Besitzer der Red Sox, John Harrington, schon fertige Pläne für einen neuen Fenway Park in der Tasche und auch öffentlich gemacht hatte. Systematisch wurden notwendige Reparaturen im ältesten Major-League Stadion (Baujahr 1912) verschleppt um die Welt davon zu überzeugen, dass nur ein Neubau helfen könnte. An zwei Fronten ist Harrington damals gescheitert: Einerseits am Druck der Öffentlichkeit, die mit Aktionen wie 'Save Fenway Park' auf sich aufmerksam machten und andererseits am Unwillen der Politiker einige Hundert Millionen Dollar öffentliche Gelder in einen Neubau und die umliegende Infrastruktur zu stecken.
Harrington gab irgendwann entnervt auf und verkaufte die Red Sox an eine Gruppe um John Henry, die vor allem auch aus Bostonians oder zumindest Leuten aus Neu-England bestand und besteht. Die neuen Besitzer hielten sich zunächst sehr zurück in Fragen der Spielstätte und überprüften im Hintergrund sämtliche Möglichkeiten. Auch wenn es erst 2005 ein offizielles Statement gab, dass die Red Sox auch in Zukunft an alter Stelle spielen würden, war schon bald nach der Übernahme klar, dass Fenway Park eine Zukunft hat.
Die Konstruktion der "Monster Seats" in 2003 zeigte erstmals, wohin der Weg gehen würde. Von den Fans argwöhnisch beäugt, entstand auf diesem Monument des Baseballs ein kleiner Tribühnenbau und alle waren sofort davon überzeugt, dass es einfach aussah als gehörten die Sitze dahin.

 
Eine Veränderung vor der Saison 2004 betraf das rechte Dach, der Club, der dort oben entstand verfolgt die gleiche Linie: Erweiterung und Erneuerung innerhalb der Grenzen, die das alte Gemäuer bot.

Auch den härtesten Hardlinern ist klar, dass Fenway Park in seiner jetzigen Form nicht mehr den Anforderungen an ein Stadion entspricht. Und damit sind nicht nur offensichtliche Probleme gemeint wie Sitze, die in Richtung Outfield statt Infield gerichtet sind und die ganz allgemein der Statur des durchschnittlichen Zuschauers nicht mehr entspreichen und zudem noch oft hinter einer Säule platziert sind.  Auch die Bausubstanz und insbesondere Dinge wie Wasser- und Elektro-Installation machen eine grundlegende Renovierung notwendig. Ein jetzt vorliegender Master-Plan sieht viele einzelne Aktivitäten vor. Dabei verfolgen die Red Sox gleich mehrere Ziele, um - natürlich - auch und vor allem die Umsätze zu steigern.
1. Erhöhung der Sitzplätze.
2. Veränderung des Umfelds des Parks (Bau eines oder mehrerer Parkhäuser und eines neuen Hotels)
3. Verbesserung der Verkehrsanbindung (Ausbau der U-Bahnstationen und Straßen)
4. Schaffung von Büros des Teams ausserhalb des Parks um die Umkleiden aber auch die Verpflegungsbereiche zu vergrößern.
2012, wenn der Park seinen 100. Geburtstag feiert, soll die Hauptphase der Entwicklung abgeschlossen sein. Die Kapazität soll dann von knapp über 36.000 Plätzen auf 39.968 Plätze angewachsen sein. Ob das sich so machen lässt, dahinter steht aber durchaus noch ein großes Fragezeichen, denn wenn der einzelne Sitzplatz tatsächlich auch bequemer werden soll, dann kostet dass in der Main Seating Bowl auch einige Plätze, die von neuen Plätzen auf den Dächern (davon ist die Rede) nicht unbedingt aufgefangen werden können.
Vor der Saison 2005 wird die Region hinter der Homplate komplett umgestaltet. Fenway Park hat als einziger Major League Park praktisch keine Luxory Boxes oder Suites, die viel Geld hereinbringen. Daher hat man 1988/89 den Bereich hinter der Homeplate im ersten Rang verglast und als .600 Club vermarktet (zuletzt .406 Club als Hommage an den Schlagdurchschnitt von Ted Williams, der als letzter einen 400er Schnitt erreichte). Das Glas kommt heraus und es entstehen zwei verschiedene Bereiche teurer Sitze, die wieder ordentlich Geld in die Kasse spülen sollen. Das Gesicht des Parks wird sich damit wieder deutlich verändern.

Auch in Chicago wird derzeit heftig gebaut, Wrigley Field erlebt die größten Veränderungen seit der Installation des Lichts und der Luxury-Suites (1988/89). Offen hat in der Stadt niemand ein neues Stadion gefordert, unter der Hand gab es aber durchaus konkrete Diskussionen um den Bau, vor allem auch seit 2003 und 2004 Betonstücke von der Decke fielen. Offensichtlich hat man sich auf eine umfassende Renovierung geeinigt. Neben den bestehenden Bleachers im Center Field, die umgestaltet werden, entstehen in Richtung der Foul-Lines neue Sitzbereiche, um die Kapazität des chronisch ausverkauften Stadions um ca. 1.800 auf insgesamt 41.000 zu erhöhen. Da hier ganz neue Bereiche entstehen, wird sich auch hier das Gesicht des Stadions verändern, es ist auch die Rede davon, dass sich die berüchtigten Windverhältnisse verändern können. Beeinflusst sind auch die Tribühnen auf den Häusern gegenüber von Wrigley Field, die erhöht werden müssen, um noch Einblick ins Stadion zu gewähren. Ein Rechtsstreit mit den Besitzern dieser Häuser ging den Veränderungen voraus. Wann und wie die Haupttribühne umgebaut werden kann/soll, darüber ist noch nichts öffentlich geworden.
Ich hoffe, im Laufe des Jahres neue Bilder vom Aussehen der beiden Stadien posten zu können.